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Station 12: Erinnerungen und Geschichten aus den Kriegsjahren

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Situationsplan

“Flott und zuvorkommend” seien sie gewesen und gute Arbeiter. Die Geschichten hinter den Fakten zeigen das Verhältnis der Einheimischen zu den internierten Polen - aber auch, dass das Drachenried Gauner anlockte.

“Samstags kamen sie in den Laden meiner Mutter, um ein paar Kleinigkeiten einzukaufen, Rasierschaum und Zigaretten, denke ich”, erzählt Berta von Büren aus Ennetmoos.

Im Dorf seien die Polen akzeptiert gewesen, was sich auch in der Hilfsbereitschaft der Bevölkerung widerspiegelte. Die Frauen strickten und die Kinder sammelten fleissig Geld für die polnischen Internierten. Vereinzelt kam es zu freundschaftlichen Kontakten, auch wenn diese offiziell nicht gerne gesehen waren. Insbesondere Bekanntschaften zu jungen Frauen waren verpönt. «Natürlich werden sie ab und zu jemanden getroffen haben», ergänzt Berta von Büren.

Gemäss ihren Aussagen war die Integration der Polen kein Ziel der Regierung. Im Gegenteil: Es sollte so wenig Kontakt wie möglich zwischen den Internierten und der Bevölkerung stattfinden. Davon zeugt auch der sogenannte «Orange Befehl» mit seinen starren Vorschriften, die einen menschlichen Umgang zwischen der Zivilbevölkerung und den Internierten verunmöglicht hätte, wenn sich alle wortwörtlich daran gehalten hätten.

“Die Polen haben viel und gut gearbeitet”, erinnert sich Hilda Schallberger aus Kerns. Wenn die Polen nicht arbeiteten, seien sie immer gut gekleidet gewesen und fielen als sehr zuvorkommende und höfliche Menschen auf.

Aber nicht nur die Fremden im Dorf gaben zu reden. 1943 schaffte es diese Schlagzeile in die Zeitung und sorgte für Aufregung: «Ein Schwindler verkauft das Drachenried». Ein sogenannter “Ingenieur” lud Personen aus der ganzen Schweiz zu einer Besichtigung des Drachenrieds ein. Er beabsichtigte Land, welches ihm gar nicht gehörte, an interessierte und solvente Käufer zu veräussern. Paul Scheuber aus Ennetmoos erinnert sich an die Erzählung seiner Mutter, wie sie damals die Gruppe über die Rotzschlucht hinauf ins Drachenried kommen sah. Nach der Besichtigung versammelte sich die Gesellschaft im Rotzloch für die Verkaufsverhandlungen. Dort aber liess die Polizei den Gauner mit Hilfe eines Stanser Bauern auffliegen und verhaften.


Links zu weiteren Informationen

«Orange-Befehl»: Geschichte der internierten Polen (Bericht SRF vom 22.4.2016)
Schweizer Frauen verloren Staatsbürgerschaft nach Heirat mit Ausländern 
Verbotene Beziehungen. Polen in der Schweiz (Bericht SRF vom 12.12.1990


Weitere Fotos

Polnische Internierte beim Kartoffelsetzen
Polnische Internierte beim Kartoffelnsetzen

 

«Oranger Befehl»
«Oranger Befehl»

 

Ausschnitt aus dem Artikel «Ein Schwindler verkauft das Drachenried» aus dem Nidwaldner Volksblatt, Band 78, Nummer 9, 29. Januar 1944
Ausschnitt aus dem Artikel «Ein Schwindler verkauft das Drachenried» aus dem Nidwaldner Volksblatt, Band 78, Nummer 9, 29. Januar 1944

 

Blühender Mohn auf dem Drachenried
Blühender Mohn auf dem Drachenried

 

Berta von Büren im Alter zur Zeit des Zweiten Weltkrieges.
Berta von Büren im Alter zur Zeit des Zweiten Weltkrieges

 

Polnische Internierte und Einheimische beim Bau eines Kanals
Polnische Internierte und Einheimische beim Bau eines Kanals

 

Der frisch umgebrochene Sumpfboden
Der frisch umgebrochene Sumpfboden

 

Einheimische Frauen arbeiteten auf den Gemüsefeldern auf dem Drachenried
Einheimische Frauen arbeiteten auf den Gemüsefeldern auf dem Drachenried

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